Zweigstelle und weitere Kanzlei
Es gibt weder für die Zweigstelle noch für die weitere Kanzlei gesetzliche Definitionen. Allgemein gilt Folgendes:
1. Zweigstelle
Ein neben der Zulassungskanzlei zur anwaltlichen Berufsausübung unterhaltener weiterer Standort ist als Zweigstelle anzusehen, wenn eine Beziehung zu einer Hauptkanzlei besteht, an die der weitere Standort rechtlich angegliedert ist. Unterhält z.B. eine Berufsausübungsgemeinschaft mehrere Standorte, so hat jeder ihr angehörende Rechtsanwalt an einem dieser Standorte seine Hauptkanzlei, wobei dieser nicht bei allen zugehörigen Rechtsanwälten derselbe sein muss. An anderen Standorten der Berufsausübungsgemeinschaft, an denen er ebenfalls tätig ist, unterhält der Rechtsanwalt dann eine Zweigstelle (vgl. BT-Drs. 18/9521, 103).
Die Errichtung einer Zweigstelle ist der Rechtsanwaltskammer unverzüglich anzuzeigen (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO). Erfolgt die Errichtung der Zweigstelle im Bezirk einer anderen Rechtsanwaltskammer, ist die Anzeige auch bei der dortigen Rechtsanwaltskammer vorzunehmen (§ 27 Abs. 2 Satz 2 BRAO). In einigen Kammerbezirken ist die Bearbeitung dieses Vorganges gebührenpflichtig.
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen auf anwaltlichen Briefbögen die Kanzleianschrift angeben (§ 10 Abs. 1 BORA). Kanzleianschrift ist die im Rechtsanwaltsverzeichnis nach § 31 Abs. 3 Nr. 2 BRAO eingetragene Anschrift. Wird auf dem Briefbogen neben der Kanzleianschrift auch die Anschrift der Zweigstelle aufgeführt, ist kenntlich zu machen, was die Kanzleianschrift ist.
Name und Anschrift bestehender Zweigstellen sind auch im Anwaltsverzeichnis einzutragen (§ 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO).
2. Weitere Kanzlei
Eine weitere Kanzlei liegt vor, wenn die neben der in der Zulassungskanzlei ausgeübten Tätigkeit entfaltete Berufsausübung nicht von der Zulassungskanzlei abhängig und an diese angegliedert ist, sondern der eigenständigen, von der bestehenden Zulassungskanzlei rechtlich unabhängigen anwaltlichen Berufsausübung dient. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt, der in seiner Zulassungskanzlei als Einzelanwalt tätig ist, daneben noch in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig ist (ist er in mehreren verschiedenen Berufsausübungsgemeinschaften tätig, liegen sogar mehrere weitere Kanzleien vor). Bei einem Rechtsanwalt, der in seiner Zulassungskanzlei im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig ist, liegt eine weitere Kanzlei vor, wenn er daneben noch in einer anderen Berufsausübungsgemeinschaft oder als Einzelanwalt tätig ist. Eine weitere Kanzlei kann dabei auch bei einem Tätigwerden an nur einem Standort vorliegen, sofern der Rechtsanwalt dort im Rahmen unterschiedlicher Rechtsverhältnisse (z. B. einerseits als Einzelanwalt und andererseits im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft) tätig wird (zu allem BT-Drs. 18/9521, 103).
Zwischen der Zulassungskanzlei nach § 27 Absatz 1 BRAO und bestehenden weiteren Kanzleien ist nach der zeitlichen Reihenfolge ihrer Anzeige gegenüber der Rechtsanwaltskammer zu unterscheiden. Die nach Zulassung zur Anwaltschaft in Erfüllung der Verpflichtung nach § 27 Absatz 1 BRAO errichtete Zulassungskanzlei begründet die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammer, die zur Wahrnehmung der Aufsicht verpflichtet ist. Errichtet der Rechtsanwalt zu einem späteren Zeitpunkt weitere Standorte, die keine Zweigstellen darstellen, handelt es sich um weitere Kanzleien (BT-Drs. 18/9521, 103).
Auch die Errichtung einer weiteren Kanzlei ist der Rechtsanwaltskammer unverzüglich anzuzeigen (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BRAO). Erfolgt die Errichtung der weiteren Kanzlei im Bezirk einer anderen Rechtsanwaltskammer, ist die Anzeige auch bei der dortigen Rechtsanwaltskammer vorzunehmen (§ 27 Abs. 2 Satz 2 BRAO). Name und Anschrift der weiteren Kanzlei sind im Anwaltsverzeichnis einzutragen (§ 31 Abs. 3 Nr. 3 BRAO).
Die weitere Kanzlei ist eine selbstständige Einheit und streng von der bereits bestehenden Kanzlei zu unterscheiden. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gilt für jede Kanzlei getrennt. Aus diesem Grund erhält die weitere Kanzlei auch ein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach (§ 31a Abs. 7 BRAO).